Ergotherapie
Ergotherapie unterstützt und begleitet Menschen jeden Alters, die in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von Einschränkung bedroht sind. Ziel ist, sie bei der Durchführung für sie bedeutungsvoller Betätigungen in den Bereichen Selbstversorgung, Produktivität und Freizeit in ihrer persönlichen Umwelt zu stärken. Hierbei dienen spezifische Aktivitäten, Umweltanpassung und Beratung dazu, dem Menschen Handlungsfähigkeit im Alltag, gesellschaftliche Teilhabe und eine Verbesserung seiner Lebensqualität zu ermöglichen.
(DVE 08/2007)
Wie verläuft eine Ergotherapie?
Ziele gemeinsam finden
Nach Kennenlernen der Lebensumstände geht es zunächst darum, die individuellen Ziele zu finden. Die Ziele sollen konkret, realistisch und messbar sein.
Im Bereich der Körperfunktionen wären z.B. ein vollständiger Faustschluss, stabiles Sitzen aber auch die Aufrechterhaltung der Konzentration oder eine verbesserte Auge-Hand-Koordination ein solches Ziel.
Ziele im Bereich der Aktivitäten sind sehr vielfältig: einen Einkaufszettel schreiben, Obst schneiden, Zähneputzen, Lesen, mit Geld umgehen, die Uhr ablesen, Fahrradfahren, Schaukeln, Schleife binden, Telefonieren, sich Anziehen, …
Bei der Partizipation geht es um die Teilhabe in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens: Computer und Handy benutzen, Straßenbahn fahren, Freunde treffen, Fußball spielen, ins Theater gehen, einen Beruf ausüben oder am Morgenkreis im Kindergarten teilnehmen.
Training
Ergotherapeut:innen verstehen es, eine angestrebte Tätigkeit in einzelne Anforderungsbereiche aufzuteilen. Teilweise können diese dann in kleinen Schritten geübt und anschließend wieder zusammengesetzt werden. Wer einen Apfel schneiden möchte, der benötigt dafür zum Beispiel eine gute Greiffunktion am Messer, eine passende Kraftdosierung, Konzentration und Hinschauen sowie eine ausreichende Hand-Hand-Koordination.
Auch eine Veränderung der Bedingungen oder Umwelt kann einbezogen werden. So kann eine rutschfeste Unterlage bei dieser Tätigkeit Erleichterung schaffen.
Ergebnis einschätzen
Der Übungsprozess ist dann beendet, wenn der Klient mit der erlernten Ausführung zufrieden ist. Wir überlegen dann, ob noch andere Ziele bedeutsam sind und verfolgt werden sollen oder ob die Ergotherapie erst einmal abgeschlossen ist.
Fallbeispiele
Jeder Mensch soll die für ihn wichtigen Betätigungen ausführen können. Wenn das nicht geht, kann Ergotherapie helfen, Funktionen und Aktivitäten wiederherzustellen und damit zu mehr Lebensqualität beitragen.
Sophie hatte in der Schule keine Freude am Schreiben. Kein Wunder, in der Ergo wurde festgestellt, dass sie in Wirklichkeit Linkshänderin ist. Mit Griffverdickung am Stift, der richtigen Schreibhaltung und etwas Übung in der Ergo klappte das Schreiben nach einigen Wochen in der Schule viel besser.
Ein Burnout mit Depression ließ das Leben von Herrn M. immer enger werden – weniger und weniger Betätigungen konnten wahrgenommen werden. Mit dem Programm Action over Inertia erweiterte Herr M. Schritt für Schritt langsam seinen Alltag wieder und erreichte bei seiner Selbstversorgung und Freizeitbeschäftigung echte Fortschritte. Nun kocht er wieder für seine Frau und geht einmal in der Woche mit Freunden joggen.
Nach einem schweren Schlaganfall war Frau N. plötzlich auf einer Seite gelähmt. In ihrer Wohnung kam sie nicht mehr zurecht. Eine Umgestaltung im Badezimmer, Anpassungen in der Küche und einige mobile Hilfsmittel ermöglichten ihr, doch in ihrer Wohnung zu bleiben. Zusätzlich erhält sie nun Unterstützung und hat bei vielen Aktivitäten gelernt, wie sie wieder selbständig zurechtkommt. So schreibt sie jetzt lieber am Computer als mit der Hand und schmiert sich ihr Brot auf einem speziellen Einhandbrett.
Nach einer schweren Sehnenverletzung beim Sägen musste Herr S. wochenlang eine Schiene tragen. Danach wurde eine Mobilisierung der Hand notwendig. Nach zunächst passiven Bewegungen musste Herr S. aktiv mehrfach täglich üben, bis der Faustschluss und feine Griffe wieder möglich wurden. Jetzt arbeitet Herr S. wieder ohne Einschränkung.